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Konzerte

Burg Herzberg Festival 17.-20.Juli 2008

MainstagePetards - Foto Bernd LinkerVor 40 Jahren fand zum ersten Mal das Burg Beat Festival statt, Eintrittspreis 3,50 DM. Die Petards, aus dem kleinen hessischen Dörfchen Schrecksbach in der Schwalm waren die Begründer und schnell wurde das Festival zu einem der bedeutendsten Beat-Ereignisse in Deutschland. Den Veranstaltern wuchs das aber über den Kopf und so wurde das Festival 18 Jahre auf Eis gelegt. 1991 ging es dann weiter und inzwischen nicht mehr auf der Burg, sondern auf den Pferdekoppeln im Tal.
40 Jahre - 40 Bands und die Erste waren natürlich die "alten-neuen" Petards die am Donnerstag das Festival eröffneten. Die treuen Besucher waren natürlich schon früher angereist, am Mittwoch um 12 Uhr ging es offiziell los auf dem Gelände aber um 11 Uhr war die Freak City schon gut zur Hälfte gefüllt. Die Ersten kommen schon am Montag und bleiben eine Woche.

Am Donnerstag spielten noch die deutschen Urgestein Rocker Birth Control, die Ton Steine Scherben Family zeigte das Politrock noch nicht völlig ausgestorben ist und die französischen Artrocker Lazuli, bewaffnet mit Chapman Stick und Vibraphon.

Der Freitag startete auf der Hauptbühne mit den Mighty Vibez, lokaler junger Reggae aus Fulda. Björn Berge kannte ich noch nicht, ein sehr guter norwegischer Akustikgitarrist, bei dem ich sofort an Leo Kottke denken musste. Und tatsächlich, es ertönte auch Eight Miles High in der Kottke Version und Berge transponierte sogar seine Stimme in die Kottke Tonlage. Der Umbau und Soundcheck für Bröselmaschine gestaltete sich etwas schwierig, hatte doch der Topact des Abends bereits aufgebaut und die vielen Bandmitglieder von Bröselmaschine brauchten ja auch Platz. Peter Bursch regelte das aber souverän und das Publikum wurde für die lange Wartezeit mit einem schönen Konzert entschädigt. Der Liedermacher Götz Widmann kam mit seinen Lieder beim Publikum sehr gut an. Auf der Freakstage gab es natürlich auch reichlich Programm, das Problem ist, man kann sich nicht teilen. Die Deep Purple inspirierte Band Demon's Eye machten einen sehr guten Eindruck und Obskuria gefielen mir auch.


GrobschnittUm 21 Uhr fand aber einer der Höhepunkte des Festivals auf der Hauptbühne statt, viele hatten darauf gewartet, einige waren nur wegen dieser Band angereist: Grobschnitt! Und beinahe hätte es ein riesen Problem gegeben, beim Soundcheck brach Gitarrist Manu Kapolke mit Schmerzen zusammen. Eine Nierenkolik konnte aber im Krankenhaus gut versorgt werden und er stand tapfer auf der Bühne, sein Kommentar: "Mir geht es gut!" Manu ist der Sohn des Bassisten Milla, Grobschnitt ist eine Generationenband geworden, an der zweiten Gitarre ist Stefan "Nuki" Danielak jr. der Sohn von Willi Wildschwein, der unverkennbaren Stimme Grobschnitts, die von Toni Muff Mollo ergänzt wird. Grobschnitt hatten schon immer einen treuen Fankreis, an diesem Abend scheinen es alle auf dem Berch zu sein, bei der ersten Band mit eigener Lightshow. Ob Vater Schmidt, Stücke von der Illegal oder dem schönen Medley von Rockpommels Land, die Band wird gefeiert. Der Höhepunkt "Sonnentanz", an dieser Stelle werde ich nostalgisch und sehne mich nach der Solar Music Version mit Eroc aber man kann ja nicht alles haben.
Den Abend beenden Colour Haze die, wie sie selbst sagen, ihren Durchbruch beim Herzberg Festival 2000 hatten.

Lousiana RedDer Samstag beginnt für mich mit einer Gitarrenlektion von Peter Bursch auf der Freakstage. Zum Glück bin ich schon etwas weiter, viele haben ihre Klampfen ausgepackt und Peter zeigt wie einfach es ist so manchen Pop- oder Rocksong zu spielen. Seine Botschaft: "Spaß am Musik machen", es gibt auch gleich wertvolle Tipps zum Posen oder vergessene Akkorde zu überbrücken: "Einen Griff laut weiterspielen, schaut mal bei den Stones......" Mit dem eben Gelernten schnell zur Hauptbühne, denn da zeigt einer was es heißt mit Spaß Gitarre zu spielen. Eine der letzten Blueslegenden sitzt alleine auf der Bühne und trägt den Blues direkt in die Herzen der Zuschauer, Louisiana Red, einfach großartig! Wer kennt nicht "Hocus Pocus" von Focus, eigentlich jeder und das gibt es unter vielen anderen von der holländischen Band, die deutlich verjüngt ist zu hören. Auf die nächste Band habe ich mich mächtig gefreut, die polnischen Prog-Rocker Riverside, deren Konzert im Vorjahr buchstäblich ins Wasser fiel. Sie sind hoch erfreut über die vielen Zuschauer und das schöne Wetter. Sie selbst befürchteten ja zu Hart für das Festival zu sein, wurden aber vom Publikum sehr gut aufgenommen, ein ausgezeichnetes Konzert. Mit Steve Harley and Cockney Rebel konnten Legenden gewonnen werden, viele kennen ihre Hits aber wissen oft gar nicht, von wem sie sind. Der optimistische Start mit "Here comes the sun" sollte aber nach dem anfänglichen Ärger über die Monitoranlage etwas gedämpft werden. Es kam mal wieder der Regen, was dem Spaß am Konzert aber keinen Abbruch tat. Waren die Wettergötter bis dahin mit kurzen Schauern gnädig, kam es mal wieder richtig runter. Lags an dem Namen der nächsten Band? Nein, die Waterboys waren wohl nicht schuld und ihr Konzertbeginn musste bis nach dem Regen nach hinten verschoben werden. Dafür hatten dann Motorpsycho die Nacht für psychedelic Rock und mit Korai Öröm's "Tribal Beats and Manual Techno" ging es in den Tag hinein. Mal abgesehen vom Gitarrenkurs habe ich es nur noch einmal am Samstag zur Freakstage geschafft, um dort Sebkha Chott, die französische Freakshow zu sehen. Das machte Spaß und das Chaos auf der Bühne erinnerte ein wenig an die alten Jango Edwards Music Shows, musikalisch ist es eine Art zappaesker orientalischer Ska.

GocooMehrtage Festivals haben am letzten Tag, dem Sonntag immer eine merkwürdige Atmosphäre. Alles ist schon etwas erschöpft, es riecht merkwürdig und die ersten reisen bereits ab. Dennoch sollte der Sonntag noch richtig Power bekommen. Die ersten die ich am Sonntag gesehen habe, war die bayrische Band "Weißwurscht Is" die schon für gute Stimmung sorgten. Danach kamen Gocoo und die meisten wussten nicht so recht, was sie erwartet. Was die sieben Trommlerinnen und vier Trommler aus Japan mit ihren unzähligen Taikos auf der Bühne veranstalteten war grandios. Mit exakter Choreografie und Tanz hinter den Trommeln wurde über die Festivalfläche ein polyphoner Rhythmusteppich ausgebreitet dem sich keiner entziehen  konnte. Gocoo wurden zu einem Festivalhöhepunkt und frenetisch vom Publikum gefeiert. Es waren auch die Rhythmen der bisweilen jazzigen Weltmusik die das Konzert der "Krautrocker" Guru Guru ausmachten. Das Festival wurde auf der Hauptbühne mit den schon traditionellen Herzberg Blues Allstars, der Hamburg Blues Band mit den Gästen Ken Hensley, Micky Moody, Stoppok, Clem Clempson und Chris Farlowe beendet. Auf der Freakstage beendeten dann Siena Root retromäßig die große Party.

Blues AllstarsIch wollte in diesem Jahr mal mehr über die Musik berichten, ein Artikel in der Welt der hämisch über die Freizeit-Hippies und Freizeitweltverbesserer berichtet veranlasst mich aber doch ein paar Worte zu der Atmosphäre zu schreiben. Burg Herzberg ist und bleibt hoffentlich ein besonderes Festival. Um ein Hippie-Meeting von ewig Gestrigen geht es schon lange nicht mehr. Hier treffen sich inzwischen drei Generationen um ein paar Tage friedlich miteinander zu feiern, zu entspannen, zu kommunizieren und schöner Musik zu lauschen. Leider konnte man in diesem Jahr doch einige sinnlos Betrunkene sehen. Echte Hippies, Freaks oder Freizeit-Hippies, Freizeitweltverbesserer und Spießer? Mir ist es völlig egal ob derjenige neben mir, der mich anlächlet und wir zwanglos über  Musik plaudern drei Stunden vorher mit Krawatte im Büro saß oder ob er als Freak auf der Straße lebt. Herzberg, das sind die Menschen, die Landschaft und die gewisse Langsamkeit die man im Alltag der nur noch von Hektik, Geschwindigkeit und Kommerz bestimmt wird schmerzlich vermisst. Es ist schön ein paar Tage daraus zu entfliehen.
Ein riesiges Lob an die Veranstalter und alle die zum Gelingen des Festivals beitragen, die Organisation wird stetig verbessert ohne dabei die Seele vom Herzberg Festival zu verlieren. Wir freuen uns alle auf nächstes Jahr!


Das Programm

325 Fotos des Festivals

 

Links:
www.burgherzberg-festival.de

© Michael Marsch

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