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Mit Steve Miller (40) und Joe Cocker (39) holte sich der Rockpalast zwei Veteranen auf die Loreley. Während aber Miller mit wachsendem Alter immer professioneller und erfolgreicher wird, kämpft Cocker nach wie vor gegen die Unbillen des Lebens. "Ich habe nicht im Traum damit gerechnet, daß das Ding ein Hit wird, Zwei Jahre hab' ich an dem Song herumgemurkst und kam einfach nicht klar. Als er plötzlich um die ganze Welt ging, hat mich das aus den Schuhen gehauen. Stell dir vor, selbst in Polen wurde die Single 40000mal verkauft, sie war in Rußland genauso ein Hit wie im Fernen Osten oder in Südamerika!" Steve Miller, 40 Jahre alt, Voll Profi seit 1956, grübelt kopfschüttelnd über seinen größten Coup, den Sommer-Knaller des letzten Jahres: "Abracadabra". Der fertige Song war das Ergebnis von Millers berüchtigten Aufnahme-Sessions: Er nimmt meist in "Blöcken" auf, oft gleich mehrere Alben auf einen Schlag (zum Beispiel FLY LIKE AN EAGLE und BOOK OF DREAMS) - auch die "Abracadabra"-Bänder sollten noch genug Material für die nächsten LPs liefern. " Wir haben so viele Nummern durchgezogen, daß die Angestellten im Studio schon fragten, Was zum Teufel machen die da?" erinnert sich Miller. "Und jede Nummer war super. Meine Band kann so arbeiten, wie man's früher machte, als ein Album an einem einzigen Tag aufgenommen wurde Wenn man sein Zeug zusammenhat, gibt es schließich keinen Grund, ein gutes Album nicht in drei Tagen einzuspielen. Es gab Perioden, da habe ich Wochen und Wochen und Wochen damit zugebracht, ein und dasselbe Gitarrensolo auszuteilen. Aber inzwischen mag ich den ersten Versuch stets lieber als den 27sten. " Viel vom alten Hang zu Experimenten ist inzwischen aus dem Programm gestrichen worden, Miller beschränkt seine Improvisationen auf den langen Jam zu "Macho City" (auf dem Live-Album nicht vertreten, bei Konzerten aber für jedes Mitglied der Gruppe die Chance, seine Solo-Qualitäten aufblitzen zu lassen). Unterm Strich liegt die Betonung bei Millers Konzerten inzwischen auf Tanzmusik "Je älter ich werde, desto mehr bin ich in Rock 'n' Roll vernarrt. Ich mag den Witz dabei, Eddie Cochran etwa mit seinem hochgeklappten Hemdkragen, Angeberei mit Stil. Unsere Musik ist nicht sonderlich tiefschürfend, aber durchaus auf ihre Weise ernsthaft Nachdem CIRCLE OF LOVE erschien, hielt ich es für wichtig, aus meiner Klausur herauszukommen und zu versuchen, dieser heruntergekommenen Welt ein paar positive Seiten abzugewinnen Das ist mein Job. Meine Konzerte verlassen die Leute mit einem guten Gefühl, Sie gehen nicht raus und schlagen sich gegenseitig die Köpfe ein oder hauen ein Auto zu Klump sie knallen nicht ihre Rübe gegen die Wand oder schlucken Tranquilizer Sie denken sich nur ,Mann, das ging wirklich gut ab, heut Abend." Millers Loreley-Auftritt dürfte aber noch aus ganz anderen Gründen eine Herausforderung für ihn sein: Seit 1976 ist er äußerst skeptisch, was Gigs in großen Arenen angeht, Er entwickelte und verfeinerte sein eigenes Sound-Systern, ging mit einer Band nicht mehr auf Tour durch die amerikanischen Stadien, sondern gelobte, daß er in Zukunft nur noch in kleinen Hallen spielen wolle. "Zu viele Musiker geben sich der Illusion hin, daß sie jemanden unterhalten, bloß weil es für sie selbst auf der Bühne gut klingt, Aber wie jeder Fan weiß, hast du - wenn du nicht zu den 3000 ganz vorne gehörst - kaum eine Chance, überhaupt irgendwas zu hören! Du hättest genau so gut zu Hause bleiben und dir das Geld sparen können. Deshalb versuche ich normalerweise, unsere Konzerte auf Hallen mit einem Fassungsvermögen von etwa 3000 zu beschränken Bei dieser Größe gibt's den besten Sound und die entsprechenden Publikums-Reaktionen. Alles, was darüber hinausgeht ist nichts als ein Spektakel. Wir sind zuerst und vor allen Dingen Musiker und wollen, daß die Leute hören, was wir machen". Steve Lake
Sekt oder Selters - das war m Sekt vergangenen Jahren für Joe Cocker immer wieder die Frage, Noch im Spätherbst des letzten Jahres mußte Cocker einen Gig in München ausfallen lassen, weil er offensichtlich wieder zu tief ins Glas geblickt hatte Bei seinem Auftritt im Bremer TV-"Musikladen" mit Jennifer Warnes hielt er sich auch nur mühevoll auf den Beinen. Einen völlig anderen Joe Cocker aber erlebten jüngst die Besucher des Open-air-Festivals im Münchner Reitstadion: Vor über 37000 Fans enterte Old Joe die Bühne, griff sich das Mikro und ließ die folgenden Chris De Burgh und Stupertramp fast schon wie Veteranen aussehen. In einer Stunde kämpfte er sich durch seine unvergessenen Klassiker - von "With A Little Help From My Friends" bis zu „You Are So Beautiful" Cocker sang intensiv und emotionsgeladen, riß die Fans mit, obwohl die wenigsten wegen ihm gekommen waren, wenige nur seine Songs kannten und sicher nur einige Promille jemals die Chance hatten, ihn überhaupt schon einmal live gesehen zu haben Joe Cocker war der Überraschungs-Sieger von Riem und könnte es auch wieder beim Loreley-Festival am 20, August gewesen sein. Wenn er dort oben über dem Rhein auftritt, wird er im Gepäck seine neue LP "ONE MORE TIME" haben, von der vor einigen Tagen bereits die Single "Threw lt All Away" veröffentlicht wurde. In Nashville nahm er das Album auf Lange ließ sich Cocker, der außerhalb von Los Angeles lebt für diese Platte Zeit. Sorgfältig wählte er unter den angebotenen Songs aus. Der Mann, der in seinem Leben noch nie etwas selbst komponierte, stützt sich auch diesmal auf die Einfälle komponierender Kollegen. Die Ups und Downs seiner Karriere könnten inzwischen das Thema für einen abendfüllenden Spielfilm liefern: Bereits im September 1964 erschien seine erste Single: „I´ll Cry Instead" - die Coverversion eines Beatles-Songs, Erfolg gleich Null. Mit Pianist Chris Stainton und Gitarrist Henry McCullough gründete er daraufhin die Grease Band - und diesmal klappte es "With A Little Help From My Friends“ schoß im Herbst an die Spitze der englischen Hitparade. Cocker wurde über Nacht ein Star, obwohl er mit seinen spastischen Bewegungen auf der Bühne nie so recht in das Star Klischee passen wollte. Durch seinen umjubelten "Woodstock"-Auftritt schien der Erfolg zementiert zu sein. Der Sturz kam plötzlich und war tief Im Sommer'69, kurz vor Beginn der dritten US-Tournee, ging die Grease Band in die Brüche Cocker drohten gewaltige Konventional Strafen. Leon Russell, einer seiner besten Freunde, griff ihm unter die Arme. Nicht nur den Hit Delta Lady schrieb er für ihn, sondern stellte praktisch über Nacht eine komplette Sand auf die Beine "Mad Dogs And Englishmen". Die Tour wurde ein Riesenerfolg - doch für Cocker wieder ein Fiasko. Ganze 800 Dollar bekam er am Ende der zweimonatigen Tour ausgezahlt. Mehr war angeblich nicht da Cocker, der in seinem Leben nie lernte, mit Geld und Managern umzugehen, warf resigniert das Handtuch. Immer und immer wieder unternahm er in den letzten Jahren einen Anlauf - meist ohne nennenswerten Erfolg Die einen wollten ihn als "Woodstock"-Legende verheizen, die anderen nannten ihn einen unzuverlässigen Säufer und warfen ihn zum alten Eisen. Erst mit der LP SHEFFIELD STEEL machte Cocker im letzten Jahr nachdrücklich auf sich aufmerksam. Und als er sich dann doch noch mit Jennifer Warnes und der Film Melodie zu "Ein Offizier und Gentleman“ in die Charts sang, schien alles wieder im Lot. Man kann ihm nur wünschen, daß der Schein nicht wieder einmal trügt. Hans E. Küster Steve Lake - Hans E. Küster ME/Sounds September 1983 Musikexpress/Sounds erscheint monatlich - www.musikexpress.de | |||||||||||