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Peter Rüchel: Als die Bilder rocken lerntenRedakteur, graue Eminenz, Mann im Hintergrund. PETER ERNST AUGUST RÜCHEL, 59, gilt als rockistischer Ziehvater des deutschen Fernsehens. Zehn Jahre nach Ende des Rockpalasts feiert der Macher ein Comeback mit kleiner Panne. MARCEL ANDERS über den Mann, der seinen Beruf aus Berufung ausübt und damit zum Mythos wurde. METAL HAMMER: Die Rückkehr des Rockpalasts ist überschattet von der kurzfristigen Absage des Headliners, Rage Against The Machine. Und das passiert dem WDR bereits zum zweiten Mal. Man denke nur an den '95er Loreley-Eklat um Gary Moore. PETER RÜCHEL: "Nun, das sind zwei völlig verschiedene Paar Schuhe. Ich muß die Absage von Rage so hinnehmen, wie sie uns auch schriftlich gegeben worden ist, nämlich daß der Bassist einen Mountain-Bike-Unfall hatte und sich erst einmal auskurieren muß. Man gibt ja auch nicht ohne weiteres gleich drei große Fernsehen-Ereignisse, zu denen sie nach Europa kommen sollten auf, nämlich die Joolz Holland-Show in London, eine Show in Paris, die ich nicht kenne, und eben den Rockpalast. Da muß ja irgendwas passiert sein. Wir werden uns aber noch ein ärztliches Attest geben lassen, daß er tatsächlich vom Fahrrad gefallen ist und sich dabei Verletzungen zugezogen hat, die seinen Auftritt unmöglich machten. Aber zunächst nehmen wir das halt so, wie es uns schriftlich vom Management mitgeteilt worden ist. Das ist eben höhere Gewalt. Höhere Gewalt von dem Moment an, wo der Typ auf seinem Mountain-Bike gesessen hat. Daß er sich darauf gesetzt hat, ist aber in etwa so, als wenn ein Schauspieler, der eine Hauptrolle hat, kurz vor der Premiere die schwarzen Pisten in den Alpen runterfährt und sich dabei beide Beine bricht - wohl wissend, welches Risiko er eingeht. Das sollte man nicht machen." MH: Trotzdem sind Rage jetzt für die Osterrocknacht 1997 im Gespräch? PR: "Man muß das genau prüfen. Ich meine, wir wollen nicht noch mal in eine solche Mountain-Bike-Situation hineinlaufen. Wenn irgendwo die Garantie zu bestehen scheint, daß sowas im Vorfeld einer Produktion nicht noch einmal passiert, dann natürlich gerne. Aber das wird man nach einer solchen Geschichte erst einmal zu prüfen haben. U.a. auch dadurch, daß wir direkt mit dem Management sprechen wollen, wie die Meinung in diesem Zusammenhang ist." Legenden unter sich: Alan Bangs (l.) und Iggy Pop MH: Wie unterscheidet sich der Rockpalast 1996 rein konzeptionell von den Produktionen der Jahre 1977-1986? PR: "Nun, wir haben den Rockpalast auch produktionstechnisch auf eine ganz neue Basis gestellt, und zwar auch mit dem inhaltlichen Akzent, Musik der neunziger Jahre zu machen." MH: Warum erfolgt dieser Schritt erst 1996? Legenden unter sich. PR: "Weil wir als Rockpalast erst jetzt wie der richtig da sind. Zudem hatte die Frage der weiteren Existenz des Rockpalasts nach 1986 mit der inhaltlichen Frage so gut wie gar nichts zu tun. Es war damals so, daß zum ersten Mal im deutschen Fernsehen das Video auftauchte - in Gestalt von Formel Eins. Das war eine sehr erfolgreiche Sendung, und man hatte den Eindruck, daß Live-Musik im Fernsehen ihre Zeit gehabt hatte. Und das nun die geeignete Form, Rockmusik im Fernsehen darzustellen, das Video-Clip sei. 1986 eröffnete sich daher eine ganz neue Bilderwelt. Es wurde sehr viel in Videos investiert, und sehr kreative Köpfe fühlten sich herausgefordert, jetzt etwas ganz anderes zu machen als die Live-Darstellung von Live-Konzerten, die natürlich immer limitiert ist. Ein Live-Konzert ist ein Live-Konzert - da kann man nicht sehr viel machen, außer daß wir heute natürlich eine viel mobilere Technik haben, die es uns ermöglicht, die Bilder in anderer Weise in Bewegung zu bringen. Außerdem ging es um die Einschaltquote, weil die öffentlich-rechtlichen Anstalten damals das Heraufkommen der privaten Konkurrenz mit Sorge sahen. Es war mit der Frage verbunden: Wie werden wir uns dagegen behaupten können, was müssen wir tun, um bestehen zu können? Da Rockmusik im Fernsehen aber immer ein Interessenprogramm ist, eigentlich ein Programm für Leute, für die Rockmusik ein Lebensmittel ist, wird es immer Minderheiten-Programm bleiben. Das war es selbst in den großen Zeiten des Rockpalasts. Und Minderheitenprogramme hatten 1986 überhaupt keine Chance mehr. Das hat sich erst zehn Jahre später geändert. Heute kann man sagen, das Video-Clip hat seine Zeit gehabt." MH: Rock-Konzerte werden also allein deshalb interessanter, weil das Medium Video-Clip weitestgehend ausgereizt ist? PR: „Ja, das glaube ich. Das Video-Clip hat seinen Reiz schon deshalb verloren, weil die Produkte natürlich auch nicht mehr den Glanz besitzen, den sie vor zehn Jahren gehabt haben. Einfach deshalb, weil auch da das Geld knapper geworden ist und man heute nicht mehr sechsstellige Etats hat. Außer bei den Verkaufsschwerpunkten der Plattenindustrie, aber ansonsten produziert man eben heute auch Videos für DM 10.000. Und die sehen entsprechend aus. Es gibt also auch ökonomische Gründe für den Niedergang des Videos. Und in der Tat ist es so, daß Live-Rockmusik im WDR-Fernsehen nicht etwa deshalb wieder aufgenommen wurde, weil man meinte, man müßte wieder mehr Rockmusik haben, sondern 1994 wurde jede Woche von Samstag auf Sonntag eine fünfstündige Rocknacht, die jetzt Rockpalast-Nacht ist, eingerichtet. Und daraus ergab sich dann die schrittweise Wiedereinführung des alten Begriffs. Schließlich hatte ich zuvor schon eine neue Reihe, die Rocklife hieß, und die letztendlich etwas ganz ähnliches wie der Rockpalast war." MH: Warum wurde Rocklife schließlich wieder in Rockpalast umbenannt? Aus reiner Nostalgie? PR: "Ich wollte 1995 ein Festival auf der Loreley machen - als Rocklife-Festival. Also sind wir dahingegangen und haben in St. Goarshausen eine Pressekonferenz gegeben. Am nächsten Tag waren die Schlagzeilen, insbesondere im Kölner Express:,Rockpalast Is Back'. Und diese Ankündigung hatte eine derart heftige Reaktion zur Folge, daß man sagte, ja Moment mal, was ist denn das? Im Prinzip ist Rocklife ja nichts anderes gewesen als Rockpalast. Aber der Name machte einen so riesigen Unterschied, daß wir gesagt haben, gut dann kehren wir dazu zurück. Und so machten wir eine erste Loreley, die nur mäßigen Erfolg hatte. Das war aber im Hause bekannt, das hatte ich auch so eingeführt. Schließlich kann man nicht glauben, daß man zehn Jahre irgendwo abwesend ist, und dann sofort an den großen Erfolgen anknüpft - das geht nicht." Eine der Rockpalast Entdeckungen des Jahres 1983: Bono von U2 bei den Aufnahmen zu UNDER A BLOOD RED SKY MH: Dennoch hätte man 1995 ein weitaus attraktiveres Programm zusammenstellen können, oder? PR: "Ein Programm zusammenzustellen ist ja nicht etwas, was allein von meiner Entscheidung abhängt. Ich kann mir natürlich alles mögliche ausdenken, aber ich muß das Programm auch machen. Und dazu bedarf es eines Zusammenspiels der Kräfte. Das heißt, daß zum Beispiel die Agenturen in England mitspielen, die Bedeutung dieses Ereignisses sehen und somit auch die Künstler, die sie vertreten, dazu veranlassen, an diesem Unternehmen teilzunehmen. Da ist die natürliche Reaktion zunächst mal: Ist ja interessant, aber warten wir mal ab, was daraus wird, Und schließlich war das Ganze noch mit dem Pech versehen, daß Gary Moore, der Headliner sein sollte, dann nicht erschien." MH: Was ist damals eigentlich konkret passiert? PR: "Es tut mir leid, aber die Geschichte ist so albern und kompliziert, daß ich sie nicht noch einmal erzählen werde. Er hat einfach abgesagt, weil er in einer bestimmten Position, die verabredet war, nicht spielen wollte. Daran war aber nichts mehr zu verändern, weil es auch noch andere Künstler mit anderen Intentionen gab, die eine Umorganisation des Konzerts nicht ermöglichten. Es war einfach eine alberne, unverschämte Entscheidung, die zwei Tage vor dem Konzert getroffen wurde. Im übrigen hat er ja auch sämtliche Konzerte mit den Rolling Stones, die er spielen sollte, abgesagt. Und das zeigt einfach, daß der Mann - und das sage ich jetzt mal freundlich - höchst eigenwillig ist. Anyway es war dann so, daß wir mit Paul Rogers und George Thorogood ein traditionelles Programm hatten, das namensmäßig nicht so besetzt war, als daß mehr als 4.000 kamen. Und wenn man 4.000 in einem Venue, das fast 15.000 faßt, von oben zeigt, dann sieht es erst mal so aus, als ob da irgend jemand mit seinem Eigenwillen produziert, und keine Sau guckt zu. Dabei war es nur ein erster Schrift. Ich habe mich dann entschieden, 1996 fünf Festivals zu machen, ganz einfach weil die Wahrnehmung von Festivals größer ist, als wenn ich noch so interessante Einzelkonzerte ins Programm bringe. Das interessiert vielleicht den einen oder anderen Zuschauer, wird aber öffentlich nicht wahrgenommen. Wir haben dann vier Festivals gemacht, die im Ersten übertragen wurden. Das erste fand Ostern'96 in der Düsseldorfer Philipshalle mit Smashing Pumpkins, Sonic Youth, Garbage, etc. statt. Und siehe da: Es war ausverkauft und ist im Ersten sehr gut angekommen - als Minderheitenprogramm.“ MH: Offensichtlich besitzt ein, alternatives Rockpalast Programm eine ganz andere Zugkraft als eine klassische Besetzung. Ist es nicht an der Zeit, sich endlich vom Traditionalismus der 70er zu lösen ? PR: "Nein, denn wir haben ja auch einen zweiten Tag auf der Loreley 1996 gemacht, der ein traditionelles Programm enthielt, und der 7.000 Zuschauer - also schon doppelt soviel wie '95 - gezogen hat. Mit Lynyrd Skynyrd, Molly Hatchet, etc. Und wir haben im nächsten Jahr am 30. März die Philipshalle in Düsseldorf, am 17. Mai ein deutsches Festival in der Waldbühne, am 21./22. Juni die Loreley, am 16./17. August das Bizarre-Festival und am 8.11. '97 wieder die Grugahalle. All diese Veranstaltungen werden im ersten Programm laufen. Das heißt, wir befinden uns in einer Entwicklung. Man fällt ja nicht immer mit dem Fallschirm vom Himmel, sondern muß daran arbeiten und Einstiege suchen. Aber wir sitzen jetzt hier und den Weg, den wir innerhalb dieses einen Jahres durchschritten haben, den können wir nur als Erfolg werten. Insbesondere, weil er ja noch nicht zu Ende ist, sondern mit den Terminen im näcsten Jahr weiter geht. Und wir werden das eben auch inhaltlich weiterentwickeln, wie ja das Beispiel der Programme, die wir dieses Jahres gemacht haben, ganz klar zeigt, daß der Rockpalast immer ein Programm des jungen Rock-Publikums war. Die Musik hat in der ersten Serie einfach anders geklungen." MH: Wenn man sich aber die letzten Rocknächte der 80er, vor allem dieVeranstaltungen des Jahres 1985, vorAugen führt, hätte diese inhaltliche Änderung nicht schon viel früher erfolgen müssen? PR: "Mit Ausnahme von 1985 waren alle Rocknächte ausverkauft. Und 1985 war ein ganz beschissenes Jahr. Mit Ausnahmen: Immerhin haben wir im Anschluß an die erste Rocknacht Prince live aus Syracuse in New York übertragen. Aber die Loreley war schlecht, und die zweite Gruga-Veranstaltung war sogar so schlecht, daß ich mir im nachhinein gedacht habe, es wäre besser gewesen, sie abzusagen, weil sie nicht gut genug zu besetzen war. Wenn ich aber das geniale Talent hätte, zu wissen, daß etwas erfolgreich ist, dann wäre ich wahrscheinlich so umworben wie ein großer Bundesliga-Fußballer. Aber das ist einfach nicht machbar. So haben wir uns auch in der Zugkraft von Rage Against The Machine total verschätzt. Es war nämlich nicht so, daß uns Rage eine ausverkaufte Grugahalle gebracht hätten. Da hätten wir vielleicht 6.000 gehabt. Um aber auf den traditionellen Ansatz zurückzukommen: Auch The Black Crowes sind eine Band, die 1990 gegründet wurde, und die in ihrem Genre eher an alte Traditionen anknüpft. Und das ist etwas, was ich gerne festhalten möchte: Es ist nicht so, daß man sagen kann, alles ist gut, nur weil es 1996 produziert wird. Das ist einfach eine irrige Vorstellung." Die Macher des Rockpalasts: Peter Rüchel und Alan Bangs MH: Deswegen greift jede Generation immer wieder auf bestimmte Sachen zurück - aber mit ihren eigenen Bezugspunkten. PR: "Natürlich. Und deswegen haben wir auch die Screaming Trees im Programm und nicht Tom Petty. Obwohl ichnichts dagegen hätte, ihn mal auf der Loreley zu haben. Denn dort werden wir weiterhin zweiTage machen,wobei der Samstag, der in der ARD übertragen wird, eben Musik der neunziger Jahre bringt. Und für den zweiten Tag erlauben wir uns halt, auch mal traditionalistisch zu sein - immer unter der Voraussetzung, daß die Musik, die da gespielt wird, lebendig ist. Und zwar in dem Sinne, daß zwischen Publikum und Musikern eine Art Interaktion stattfindet. Ob das nun immer so ist, bleibt dahingestellt. Ich bin schließlich keinHellseher." MH: Wie verfolgt Peter Rüchel überhaupt das aktuelle Musikgeschehen? PR: "Nun, ich schaff' mich da schon durch. Ich besuche Konzerte, ich lese, ich höre. Und wie weit mir das als betagtem Produzenten des Rockpalasts gelingt, das kann man nur vom Ergebnis ablesen. Das darf man dann beurteilen. Ansonsten halte ich das eigentlich überhaupt nicht für eine Altersfrage. Außerdem stelle ich ein solches Programm ja nicht alleine zusammen, sondern da sind noch Christian Wagner, der Regisseur, Ernst-Ludwig Hartz, der Promoter, und viele andere Mitarbeiter in den verschiedenen Altersgruppen. Ich würde lieber sagen: in den verschiedenen Kompetenzgruppen. Manchmal könnte man bei der Betonung von Jugendlichkeit auch auf den Gedanken kommen, daß die Jugend die einzige Krankheit ist, von der man mit Sicherheit sagen kann, sie wird jeden Tag besser. Ich kenne verschiedene Leute, auch unter Musikern, die mit 64 mehr Energie im kleinen Finger haben als mancher 16 jährige, den zu kennen ich die Ehre habe." MH: Früher bestand eine Rocknacht aus drei, maximal vier Bands. Heute sind es neun Bands in acht Stunden, die zum Teii knapp 20 Minuten spielen. Wäre weniger nicht mehr? PR: Ja, es ist ein existentielles Erlebnis! (lacht) Ob es wirklich soviele Bands sein müssen, ist ein Thema, das wir diskutieren. Man könnte zum Beispiel auf die ersten drei-vier Bands verzichten, da stimme ich vollkommen überein. Allerdings sind die Leute heute ganz andere Festivals gewöhnt, wo dann - wie beim Bizarre - halt die totale Vollbedienung geboten wird. Aber das Ganze zerfließt allein deshalb, weil man einfach nicht mehr soviel Energie hat, alles mit dergleichen Aufmerksamkeit wahrzunehmen. Dabei haben wir erst gestern abend darüber gesprochen, nächstes Jahr auf der Loreley nur fünf Bands zu bringen. Und bei der Grugahalle würde ich sogar sagen drei, höchstens vier. Zudem würde ich gerne wieder bis vier Uhr morgens senden, sofern sich die Bands daran gewöhnen können. Denn vor Mitternacht im ersten Programm Termine zu bekommen, ist ausgeschlossen. Da geht dann natürlich das Marktanteil- und Einschaltquoten-Denken vor. Schließlich kriegt man allemal mehr Zuschauer, in dem man z.B. Spielfilme sendet." Alan "Isch habö ihn gefraakt" auf seinem Lieblingsinterviewfelsen, der Loreley MH: Wie steht es in diesem Zusammenhang um die Großevents des nächsten Sommers - um Led Zeppelin, Kiss oderAerosmith, die zwar alle aus den 70ern stammen, aber doch völlig generationsübergreifend sind? PR: "Nun, ich kann da nur sagen: gerne! Aber es wird wahrscheinlich allein an den finanziellen Konditionen scheitern. Die Übertragung an sich ist ja eigentlich nur eine Zugabe zur Gage. Andererseits ist es für einige Gruppen auch wichtig, eben diese Präsenz zu haben. So wie es früher der Auftritt in einer Rockpalast-Nacht während einer laufenden Europatournee war. Denn diese eine Show wurde ja von Italien bis zum Nordkap und allem, was dazwischen liegt, übertragen." MH: Im WDR-Archiv müßten noch unzählige Rockpalast-Konzerte lagern, die bislang nicht wiederholt wurden, zum Beispiel der '81 er Auftritt von Thin Lizzy. Wird das irgendwann einmal gesendet? PR: "Nun, die alten Sachen werden seit Januar '94 jede Woche von Samstagnacht auf Sonntagmorgen ausgestrahlt. Es gibt aber einige, für die ich keine Rechte mehr habe. Und dazu gehört auch diese Show." MH: Und wer hat die Rechte an diesen Mitschnitten? PR: "Diese Rechte existieren einfach nicht. Aber um die Konzerte zu senden, müßten sie erneuert, bzw. wiedererworben werden. Und ich habe ja schon einige wiedererworben, z.B. für die Rocknacht mit Southside Johnny, Nils Lofgren und Mitch Ryder. Da habe ich dann mit den Künstlern gesprochen und gesagt, paßt mal auf, ich habe jetzt diese Möglichkeit. Kann ich, darf ich? Und da kam von Mitch Ryder eigentlich nur die Frage, ob ich auch das Interview von damals senden wolle. Ich wollte wissen, was er davon hält, und er meinte, es wäre halt so gelaufen. Also mach'. Oder Southside Johnny hat mir geschrieben:,sende, wann immer du willst, wo immer du willst. Ich komme im übrigen im Oktober nach Deutschland, und geb dir dann ein Bier aus. Prinzipiell ist es für mich aber sehr schwierig, denn ich bin schließlich eine one-man-operation, d.h. ich habe niemanden, der das für mich in Angriff nimmt, und ich kann mich im Rahmen der laufenden Geschäfte nur damit beschäftigen, wenn ich mal Zeit habe. Und manchmal ist die Recherche, wer die Rechte denn nun hat, auch nicht so einfach, vor allem dann, wenn die Band nicht mehr existiert. Oder wenn die Vertretungsverhältnisse anders sind, es also nicht mehr die Agenten sind, die uns damals als Repräsentant der Band die Rechte übertragen haben. Das ist vor allem kompliziert, wenn ursprünglich Anwälte als Vertragspartner auftraten. Dann kommt meistens als erste Frage: Ist dabei Geld im Spiel? Andere Rechte stehen noch aus. Ich werde demnächst Graham Parker anrufen, und ihn fragen, ob ich die beiden Rockpalast-Auftritte in der Grugahalle und im Studio Köln ausstrahlen dad." MH: Wie kommt es eigentlich, daß Alan Bangs, der bei Eins Live ein sehr unglückliches Ende gefunden hat, weiterhin die Fernsehen-Veranstaltungen des WDR moderieren darf? PR: "Der WDR ist ein sehr differenziertes Unternehmen mit unterschiedlichen Redaktionen, die nach eigenen Entscheidungen arbeiten natürlich im Rahmen bestimmter Grundbedingungen, die für alle gelten. Aber: Daß ein Moderator, der mit einer Redaktion Ärger hat, nun nicht mehr für andere arbeiten dürfte, das wäre ja absurd. Ich meine, er wird morgen hier auf der Bühne und auch die ARD Sendung moderieren. Das ist überhaupt kein Problem. So etwas wie Hausverbot für den gesamten WDR gibt es nicht." MH: Was ist eigentlich aus den übrigen Leuten der ersten Rockpalast-Jahre geworden - z.B. Ken Janz oder Albrecht Metzger? PR: "Das sind alles Verhältnisse, die mit Ende der ersten Serie beendet waren. Ken hätte das auch nicht ewig gemacht. Der hatte anderes vor und arbeitet jetzt in einen Verlag für religiöse Literatur. Das war etwas, was ihm schon immer nahegelegen hat. Was Albrecht betrifft, so hat er mit dem Rockpalast nicht nur Erfolge erzielt. Ich meine, er hatte einen Erfolg: Er ist eine Fernsehen-Legende geworden. Wann immer irgend jemand einen Bericht über den Rockpalast macht, ruft er an und sagt. hast du nicht irgendwo eine OriginaIaufnahme von "German Television proudly presents"? Das ist ein Satz, den ich erfunden habe, um einen Wiedererkennungwert zu schaffen. Und Albrecht hat ihn sich zu eigen gemacht. Mit dem Erfolg, daß er in jeder Kritik so mit dem Satz - und zwar in phonetischer Ausschreibung - konfrontiert wurde, wie derAutor ihn verstanden hafte. Er wurde, weil er ja auch nicht gut Englisch sprach - und seine Interviews litten natürlich unter diesem Mangel - zur negativen Figur. Er konnte machen, was er wollte - er konnte auch gut sein das wurde gar nicht wahrgenommen. Sondern er war immer der schwarze Ritter, an dem sich alle ausließen, den viele auch für ihren eigenen psychischen Haushalt brauchten. Er war der, über den man sich garantiert ärgern konnte. Als er dann irgendwann das Handtuch geworfen hat, haben ihn viele allein deshalb vermißt. Und Albrecht hat auch unter der Live-Situation gelitten. Sie war für ihn immer Streß. Er war viel relaxter, wenn wir vorproduziert haben. Und das war bei Alan absolut umgekeht. Sobald das Rotlicht blinkte, hörte das Zirkuspferd die Trompete - er genießt die Live-Situation, und das merkt man ihm auch an. Er macht das mit Gusto und ist umgekehrt in der Vorproduktionssituation nie besonders glücklich. Und er kann mit seinem Charme, mit seiner Ausstrahlung machen, was er will, er kommt immer gut an. Es war eine Art Polarisierung, die da stattfand, die wir zu überwinden versuchten, aber von einem bestimmten Punkt an einfach nicht mehrzu überwinden war, weil Albrecht und Alan zu Gestalten geworden waren, die auf eine feste Vorstellung im Kopf der Zuschauer trafen. Der schwarze und der weiße Ritter galoppierten durch die Nacht." Herr Rüchel, vielen Dank für dieses Gespräch. Marcel Anders Metal Hammer Nr.1 1997 Hard Rock & Metal Hammer erscheint monatlich bei AS Young Mediahouse GmbH Werinherstr. 71, 81541 München Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion Hard Rock & Metal Hammer | |||||||||||