VÖ : 24.02.2012
Cat. No.: MIG 90447
Barcode: 885513904478
Format: 2 DVD Digipack
Genre: Rock
Es gibt in der Rockmusik nur wenige Dokumente, die einen
Künstler im Zenit seines Schaffens zeigen - und noch weniger
solche, die den Anfang einer Karriere beleuchten. In der Zeit vor
der DVD gab es nur Promotion-Videos, Schnipsel von
Konzerten und Video-Aufnahmen, und es war ausgerechnet das
viel geschmähte Fernsehen, das einzigartige Momente festhielt
- voran der "Rockpalast" des WDR. Wie sonst nur der "Old Grey
Whistle Test" der BBC etablierte diese Reihe in den 70er-Jahren
ein Forum für die Künstler der Zeit, von denen manche heute vergessen, manche obskur -
und einige legendär sind.
Joe Jackson ist zwar heute legendär, aber eine höchst betriebsame Legende - er nimmt
weiterhin Platten auf, gibt überraschende Konzerte mit verschiedenen Besetzungen, wohnt
mal in Berlin, mal auf der Isle of Wight und hat noch einen Koffer in New York. Er hatte
schon eine Karriere vor seinem Debüt-Album "Look Sharp!", das 1979 erschien: In seinem
Erinnerungsbuch "A Cure For Gravity" kann man nachlesen, wie Jackson und seine Band in
einem kleinen Bus durch England zuckelten und in Kaschemmen für ein desinteressiertes
Publikum Stücke von David Bowie spielten.
Glam und Punk gingen vorüber, nun endlich schlug Joe Jacksons Stunde: Er schrieb binnen
Tagen ein Dutzend Songs für sein Trio, borgte sich die rotzige Attitüde von den New-Wave-
Typen der Stunde und fütterte die Presse mit Sprüchen wie "Ich hasse die beschissenen
Bäume". Auf der Cover-Rückseite von "Look Sharp!" sieht man ihn als spillerigen
Provokateur im Nadelstreifenanzug, über dem bleichen Kindergesicht weichen die Haare
schon zurück. Die Songs handeln von den Lügen der Liebe, den Lügen der
Sonntagszeitungen, den Lügen der Pärchen und den Lügen der Mode, der Ton ist zynisch:
"Sunday Papers", "One More Time", "Fools In Love", "Is She Really Going Out With Him?".
Noch im selben Jahr gab Jackson wiederum das Großmaul: Für "I'm The Man" posierte er
als Schwarzmarktverkäufer und sang weiterhin Lieder von Zorn und Rache, jetzt ergänzt um
wunderbare Balladen wie "It's Different For Girls" und "Amateur Hour". Diese Phase zeigt der
erste "Rockplast"-Auftritt im März 1980 im WDR-Studio, wo das Publikum unfassbarerweise
auf Stühlen saß, während Joe Jackson spottete und sein Herz ausschüttete, begleitet von
Graham Maby (Bass), Dave Houghton (Schlagzeug) und Gary Sandford (Gitarre): der Joe
Jackson Band. Wie die beiden späteren Konzerte begann er den Auftritt mit "On Your
Radio": "Don't you know you can't get near me/ You can only hope to hear me on your radio"
- die Vergeltung des skurrilen Außenseiters und begabten Orchesterschülers an den
Peinigern seiner Jugend.
Jackson distanzierte sich später von diesen Songs (die zu seinen besten gehören), denn sie
seien Attitüde gewesen. Da schrieb er allerdings schon Symphonien und Orchestermusik.
1980 nahm er das Album "Beat Crazy" auf (von dem er nur das Titelstück fürs Konzert
übernahm), 1981 die nostalgische Jazz-Platte "Jumpin' Jive", die ihn beinahe seine Karriere
gekostet hätte ("Tuxedo Junction" ist das einzige Beispiel im Konzert). 1982 erschien "Night
And Day", Jacksons bis heute berühmteste Arbeit, und die Single "Steppin' Out" wurde ein
Hit, der unentwegt im Radio lief: Joes Fantasie war Wirklichkeit geworden.
Das Konzert in der Hamburger Markthalle, Februar 1983, zeigt ihn auf dem Gipfel seiner
Möglichkeiten: Die Latino-Rhythmen von "Target", "TV Age" und "Another World"
begeisterten das Publikum zu einer Zeit, als von "Weltmusik" noch nicht die Rede war. Sue
Hadjopoulos wirbelte an Congas, Bongos und Xylofon, Joy Askew und Ed Rynesdal spielten
die Keyboards. Es eröffneten sich weite Horizonte von Schönheit und Kosmopolitismus,
fiebriger Großstadt und hitziger Nächte: Philip Burkes Cover-Zeichnung für "Night And Day"
hatte die Symbiose von Cole Porter und Duke Ellington angedeutet - und die Musik löste es
ein. Der triumphale Auftritt in der Grugahalle Essen im April 1983 beschloss Jacksons
erfolgreichste Periode. Das Medley aus Motown-Songs der 60er-Jahre - "Tears Of A Clown",
"Uptight", "Heatwave" - brachte er ein Vierteljahrhundert, bevor sich jedermann (und Phil
Collins) an diesem großen Erbe versuchte.
Joe Jackson bezeichnete sich bescheiden als "Student of Style". Er war viel mehr: der
Lümmel von der letzten Bank, der Klassenclown - und das Genie, das den Schritt über die
Grenze der Rockmusik hinaus wagte.
Arne Willander
Tracklisting:
DVD 1:
12. Rocknacht - Grugahalle, Essen April 1983
1. On Your Radio
2. Another World
3. Sunday Papers
4. Look Sharp!
5. Breaking Us In Two
6. Is She Really Going Out With Him
7. Target
8. TV Age
9. Tuxedo Junction
10. Steppin’ Out
11. Beat Crazy
12. One More Time
13. A Slow Song
14. Uptight
15. The Tears Of A Clown
16. I’m Gonna Make You Love Me
17. How Sweet It Is To Be ;Loved
18. Heatwave
19. Uptight
20. I’m The Man
DVD 2:
WDR Studio,, Köln 1980.
1. On Your Radio
2. Friday
3. Mad At You
4. Kinda Kute
5. Out Of Style
6. The Harder They Come
7. Sunday Papers
8. One More Time
9. Fools In Love
10. Is She Really Going Out With Him
11. Don’t Wanna Be Like That
12. I’m The Man
Markthalle, Hamburg 1983
1. On Your Radio
2. Another World
3. Sunday Papers
4. Look Sharp
5. Breaking Us In Two
6. Cancer
7. Real Man
8. Is She Really Going Out With Him
9. Cosmopolitan
10. Target
11. TV Age
12. Tuxedo Junction
13. Steppin‘ Out
14. Beat Crazy
15. One More Time
16. A Slow Song
17. Motown Medley: Uptight/Tears Of A Clown/I’m Gonna Make You Love Me/How Sweet It Is To Be
Loved By You/Heatwave/Uptight
18. I’m The Man
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